Wie bereits angekündigt, ein kleines Fazit vom meinem Besuch beim Workshop der BpB am 28./ 29 September 2006.
Auf die Frage von Leif , ob es sich gelohnt habe, kann ich im Nachhinein mit einem klaren Ja antworten. Kurz nach dem Workshop war ich mir da noch nicht so sicher, da der Bereich der „traditionellen“ Onlinemedien für mich doch etwas zu kurz gekommen ist und ich den Schwerpunkt eher bei den Zeitungen gesehen habe. Wenn ich der BpB aber mal die Aufgabe zuordne, Journalisten und Skeptikern einen ersten Überblick zu verschaffen, hat sie ein durchweg gelungenes Programm vorbereitet. Und die Pausengespräche darf man auch nicht vergessen!
Keine neuen Erkenntnisse
Die Vorträge der Referenten haben jetzt keine großartigen neuen Erkenntnisse gebracht, dafür aber die ein oder andere Neuentdeckung wie zum Beispiel das Bondy-Blog des Schweizer Magazins L’Hebdo, vorgestellt von Titus Plattner. Entgegen der üblichen Herangehensweise „Journalisten kommen, wenn es brennt und gehen wieder, wenn es ruhig ist“ haben sich Redakteure des Magazins für vier Monate nach den Unruhen in den Pariser Vororten in einen Vorort begeben und in dem Blog von dem Leben dort berichtet. Laut dem Referenten sind sie damit quasi zur Stimme der Bewohner geworden geworden. Das beste an dem Projekt ist, dass das Blog nach den vier Monaten nicht einfach verschwunden ist, sondern von den Redakteuren an Jugendliche aus Bondy abgegeben wurde und immer noch weitergeführt wird. Es ist übrigens auch ein Buch daraus entstanden: „Bondy Blog : Des journalistes suisses s“installent dans le 9.3″.
Viele Praxisbeispiele
Sehr gut waren die vielen Beispiele aus der Praxis. Zum einen, weil es sehr beruhigend wirkt, wenn man hört, dass alle ähnliche Probleme haben und zum anderen, weil es Angebote gibt, die Lösungen bereits erfolgreich umgesetzt haben. Ein Beispiel ist der Mißbrauchslink bei der Fotocommunity View des Sterns. Wird bei einem Bild der Mißbrauchslink angeklickt, bekommt der zuständige Redakteur eine sms. Wenn das entsprechende Bild von der Redaktion gesichtet und freigeschaltet wurde, ist der Mißbrauchslink verschwunden. Sehr praktische Umsetzung mit dem entsprechenden Schutz gegen dauerhaftes denunzieren. Ein weiteres wichtiges Ergebnis aus den präsentierten Beispielen: Es wird in Zukunft nicht ohne Moderation gehen.
Diskussionen
Ehrlich gesagt, bei der ein oder andere Diskussion habe ich innerlich gekocht. Ich finde es überflüssig über das Internet und seine angeblich bedrohliche Entwicklung als Jobkiller für Journalisten zu diskutieren. Ich streite nicht ab, dass es eine Bedrohung für den Print- und Hörfunkbereich ist. Aber anstatt darüber lethargisch zu verzweifeln, sollte man doch besser den Weg gehen, sich gegenseitig zu ergänzen und die Potentiale zu nutzen. Das Internet ist erwachsen geworden und die technischen Zugangsmöglichkeiten haben ganz neue Voraussetzungen geschaffen. Neben dem Konsumieren, kann jetzt eben auch produziert werden. Es gab keine Zeit, in der man besser auf seine Leser, Nutzer und Kunden eingehen und auf ihre Wünsche reagieren konnte. Genau das wurde in dem Workshop leider nicht bzw. nur kaum angesprochen. Steffen Büffel hat in seiner Nachlese zum Workshop einen Satz geschrieben, dem ich voll und ganz zustimmen kann: „[…]Arroganz der Arroganten in der Medienbranche[…]“ und „Neben Themenmanagement wird nun mal auch das Communitymanagement ein Bestandteil der neuen Aufgaben, die sich Redaktionen stellen, die mit user-generated Content crossmedial arbeiten wollen. Der Redakteur nimmt eine entscheidende Schnittstellenfunktion ein, die die dialogische Verbindung zwischen Blog-Community und Redaktion herstellt.“ Toll geschrieben, danke! Mir fällt dazu nur ein: Ich freu mich drauf, auch wenn ich sicherlich ab und an kurz vor dem Verzweifeln stehen werde.
Qualität setzt sich durch
Betreff der Bedrohung für Journalisten: Letztendlich glaube ich, dass sich Qualität durchsetzen wird. Wenn ich qualitativ hochwertigen und investigativen Journalismus haben will, werde ich nicht auf die Seiten der Readers Edition gehen. Wenn ich auf der Suche nach Themen bin, würde ich aber schon mal einen Blick darauf werfen. Außerdem wird es in der Zukunft Menschen geben müssen, die die Inhalte managen und den „normalen Nutzern“ eine ausgewogene Auswahl an Informationen zusammenstellen, damit diese sich nicht in der Masse an Informationen und Angeboten verlieren.
Was andere zum Workshop sagen
Bevor ich jetzt aber weiter abschweife, habe ich mich noch einmal in den Weiten des Netzes umgeguckt und festgestellt, dass ich eigentlich gar nicht mehr so viel dazu schreiben muss, da es andere schon sehr gut zusammengefasst haben. Steffen Büffel habe ich bereits erwähnt. Den Live-Blog findet Ihr nach wie vor bei iDemokratie.de und mittlerweile ist auch die Veranstaltungsdokumentation fertig.
Nachtrag
Nicht verpassen sollte man die „Polemik zum Thema „Web 2.0 in den Medien“ von Johnny Haeusler/ Spreeblick.
importiert aus www.quarterlife.eu
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